Mein Bus-Tagebuch
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Ich bin umgezogen. Nicht weit,
nur ein paar hundert Meter aber es reicht, um seitdem eine andere Buslinie
nehmen zu müssen. Meine letzte Busverbindung führte direkt stadteinwärts über
die Bundesstraße direkt zur S-Bahn und war schnell und gut frequentiert. Jetzt
gondelt mein Bus einige Minuten länger durch kleine enge Straßen und irgendwie
ist hier alles ganz anders. Hier ist mein Bus-Tagebuch.
28.02.00
Der Bus kommt relativ pünktlich und fährt mich bald durch die engen Straßen
der Villengegend - sehr schön hier alles, warum wohne ich nicht hier? Letzter
Halt vor der S-Bahn, die Haltestelle liegt in einer Kurve: Türen gehen vorne
und hinten auf, eine Omi will aussteigen, geht nach vorn (Ausstieg in Hamburgs
Bussen ist hinten - es hält sich
nur keiner dran...) und sagt während des Aussteigens: „Ist es in Ordnung, wenn
ich hier vorne aussteige?“ Antwort: „Selbstverständlich.“
Dann noch eine Bemerkung, als sie bereits ausgestiegen ist: „Sie halten
nämlich vorne immer so schön dicht, da kann man viel besser aussteigen.“
Antwort: „Ich gebe mir auch immer besonders viel Mühe.“. Da fängt der Tag
doch schon viel schöner an...
Abends wird es dann noch
interessanter. Es fängt damit an, daß ein Fahrgast den Busfahrer bittet, den
vor uns fahrenden Bus anzufunken, damit er an der nächsten Haltestelle länger
hält, um ihn umsteigen zu lassen. Kein Problem wird gemacht. Neue Passagiere
steigen ein, wünschen dem Busfahrer einen „guten Abend“. OK, ist mir auch
schon in anderen Linien passiert, aber besonders nett ist es doch, dem Chauffeur
beim Aussteigen (vorne natürlich) „noch einen schönen Abend“ zu wünschen.
Da habe ich doch nicht schlecht gestaunt.
29.02.00
Es kann ja auch alles Zufall gewesen sein, aber heute Morgen ging es nahtlos
weiter. 20 Minuten früher als gestern saß ich im Bus, der diesmal voll besetzt
mit Schulkindern war. Im Bus herrschte trotzdem kein Chaos, kein Geschrei,
nichts. Stattdessen wurde Gameboy gespielt oder die Hausaufgaben noch einmal
durchgegangen. „Bin ich hier im falschen Film?“ Das fragte ich mich spätestens
als zwei Zwölfjährige unaufgefordert beim Einsteigen eines alten Mütterchens
ihren Platz räumten und ihn ihr anboten.
Die Rückfahrt verlief
ereignislos.
01.03.00
Daß alten Omis von den Schulkindern Platz gemacht wird, wußte ich ja
schon...daß aber alte Omis fünf Jahre jüngere Omis dazu auffordern, den Platz
zu räumen, passte irgendwie nicht ins Bild...
Der Rest der Fahrt verlief
ereignislos und ich habe es mir bestimmt nur eingebildet, daß das Mädchen eben beim
Entgegennehmen der Fahrkarte vom Busfahrer einen Knicks gemacht hat....
03.03.00
Der Bus kommt zu spät und braucht auch ziemlich lange, um durch die engen Straßen
zu eiern. Die S-Bahn hab’ ich locker verpasst. Zumindest der Busfahrer muß
sich nicht so schlecht fühlen. Er wird von einer älteren Dame getröstet:
„Das muß für Sie aber auch ganz schön schwer gewesen sein, mit all dem
Verkehr und so.“ Wahrscheinlich hat sie ihn davor bewahrt, den Job an den
Nagel zu hängen...
08.03.00
Wieso ist der Bus eigentlich so leer? Keine Schulkinder mehr und auch sonst nur
eine Handvoll Leute im Bus. Arbeitet hier denn keiner? Vielleicht sind sie auch
schon alle vorher zur Arbeit gefahren, einer hat jedenfalls seine Colaflasche
auf dem Boden liegen lassen und diese kullert jetzt bei jeder Busbewegung über
den Boden (nerv!) Zwei Haltestellen später passiert es: Von Hinten kommt der
Satz "Können sie noch mal kurz anhalten, wegen der Flasche?".
"Klar", sagt der Busfahrer und wartet bis der junge Mann (ungefähr
mein Alter?!) die Colaflasche nach draußen in den Mülleimer der Bushaltestelle
geworfen hat. Die Reaktion kommt einige Sekunden später: Der Busfahrer beugt
sich über sein Mikrofon und bedankt sich über die Lautsprecheranlage des
Busses: "Danke schöööön!" Mich wundert, daß keiner geklatscht
hat... Vielleicht war das aber auch selbstverständlich.
14.03.00
...und
dann war da noch dieser Opa, der neben mir mit seinem Gehstock rumfuchtelte, um
mit demselben den 'Anhalteknopf' zu drücken. Sah sehr elegant aus, wirklich.
Als der Bus dann bei seiner Haltestelle ankam vernahm der komplette Bus seinen
Ruf: "Fahrn' se man weiter, ich brauch nicht aussteigen!" Der Bufahrer
zögerte, ließ die Haltestelle dann aber aus. Ich frage mich was passiert wäre,
wenn jemand anders dort hätte aussteigen wollen...
Als ich drei Haltestellen später ausstieg, saß der alte Mann übrigens immer
noch auf seinem Platz.
03.04.00
Morgens
auf dem Weg zur S-Bahn. Der fastleere Bus gondelt durch die engen Straßen. Kurz
hinter einer Haltestelle verläßt eine Frau Ihr Haus, sieht den Bus und während
sie die Gartenpforte öffnet winkt sie dem Bus zu. Dieser steigt in die Eisen
und läßt sie einsteigen. Ihr einziger Kommentar: "Danke".
"Interessanter Service", denke ich, "..den solltest Du auch
mal in Anspruch nehmen.
Hinter mir findet ein Gespräch statt. Ein Mann, offensichtlich nicht auf voller
geistiger Höhe berichtet einem anderen Fahrgast von seinem bevorstehendem
Arztermin. Wir passieren eine Haltestelle und plötzlich hält der Patient inne
und murmelt laut. "Ohh, hier hätte ich aber raus gemußt - aber wenn der
Bus nicht hält..." Der Busfahrer hat gute Ohren, bringt den Bus zwischen
den Haltestellen zum stehen und meint: "Da hätten Sie aber drücken müssen...".
Antwort. "Ach so, ja, ich dachte, das hätte ich...". Quatsch, hatte
er natürlich nicht. Aber wer braucht schon Bushaltestellen?
09.04.00
Diese Woche bin ich mal nicht Bus gefahren, sondern geflogen (nach Zürich). Im
Unterschied zu Busfahrern stellt sich der Pilot seinen Gästen vor, eine
Tatsache die für mich und die anderen Passagiere doch ein wenig irritierend
war. Unser Flugkapitän war nämlich kein geringerer als ein gewisser 'Manfred
von Richthofen'. Nun, mit diesem Namen hatte er als Jugendlicher bei seiner
Berufswahl bestimmt nur eine eingengte Perspektive aber als Passagier stellt man
sich schon Fragen wie: "Wo will der mit uns hin?", "Gegen wen
fliegen wir?" und natürlich der Flugreisen-Klassiker: "Werde ich das
hier überleben?". Von einer kleinen Verspätung abgesehen, war der Flug
OK.
Noch ein Nachtrag zu Zürich und der Schweiz: Dort gibt es Toilettenpapier der
Marke 'Hakle Professional Line'. Gibt es Leute, die einen Beruf 'daraus' gemacht
haben?
10.12.00
Nanu, keine Updates mehr im Bustagebuch? Kein Wunder, das liegt daran, daß
ich nicht mehr Bus fahre, sondern mit dem Auto den Weg zur Arbeit bestreite
(diemal ist nämlich mein Arbeitgeber umgezogen und zwar in eine
verkehrstechnisch recht ungünstige Gegend...).
Trotz
allem sind natürlich Erlebnisse mit dem öffentlichen Nahverkehr immer noch
gerne willkommen. Her damit!
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